Aus Alter Zeit – Die Berufsfischerei in der Altmühl

Die letzten ihres Standes:

Berufsfischer an der Altmühl bei Altenmuhr

Eine Dokumentation von Wilfried Jung

Einleitung

„Auf!“ Der raue Ruf dringt kaum durch den dichten Nebel, der über den Altmühlwiesen schwebt. Ein Wanderer, der sich zufällig in der Nähe aufhält, könnte schon ins Grübeln kommen, was da los ist. Vielleicht treibt ihn seine Neugier, so dass er – mit gebotener Vorsicht – näher an die Quelle des Rufes herantritt. Im letzten Moment erkennt er ein dickeres Seil, das sich vor seinen Füßen durchs Gras spannt, und er kann gerade noch bremsen. Da hört er auch schon plätschernde, schrappende Geräusche, anderes schluckt der Nebel. Und nun sieht er die Ursache: Die Altmühl wird abgefischt. Was hier – ein bisschen konstruiert - dargestellt ist, gehört der Vergangenheit an. Seit nun bald 40 Jahren müssen die Fische der Altmühl nur noch Graureiher und die Angler fürchten, seit gut zwanzig Jahren auch den Kormoran, und neuerdings stellt ihnen auch der Fischadler nach. Die Fischerei in der Altmühl mit Hilfe von Kähnen und Netzen wurde über Jahrhunderte hinweg gepflegt, lebt aber nur noch in der Erinnerung. Die folgende Arbeit soll dazu beitragen, dass sie nicht vergessen wird. Dabei beschränke ich mich – beispielhaft - auf ein kurzes Stück der Altmühl nördlich der Gemeinde Muhr a. See bis zur Gemeinde- und Landkreisgrenze an der so genannten Schwarzen Brücke. Die Querstriche in der Karte bezeichnen in etwa die Grenzen der Fischzüge.

Fisch-Ordnungen

Wie so häufig fehlen im ländlichen Raum schriftliche Aufzeichnungen über Leben und Arbeiten der Bevölkerung. Bis ins 19. Jahrhundert hinein konnte ein nicht unbeträchtlicher Teil der Dorfbevölkerung weder lesen noch schreiben, und die betroffenen Analphabeten mussten in amtlichen Angelegenheiten ihr Kreuz machen, Aktedas dann der Bürgermeister oder ein Gemeindebevollmächtigter durch Unterschrift bestätigte. Direkte Beschreibungen ließen sich also nicht finden, und wir sind auf amtliches Schrifttum beschränkt, aus dem wir Informationen herauszuziehen versuchen. Dies gilt auch für die Fischerei in unserem Raum. Hier sind in erster Linie die Verordnungen zu nennen, wie sie die Landesherren zu verschiedenen Zeiten erlassen haben, um die Fischerei zu fördern bzw. Auswüchsen entgegenzutreten. Manchmal findet sich – eher durch Zufall – der eine oder andere Hinweis, der ein wenig Licht in das Dunkel der Vergangenheit bringt. Ein solcher Hinweis stammt von einem Nürnberger Apotheker, der dem Altenmuhrer Pfarrer Weigand in einem Brief einen Nürnberger Ratsbeschluss mitteilt: „Hannsen Rumele von AltenMur auf Hanns Wolfen von Lentersheims fürpit sein halb Straf nachlassen, daneben Ime auch das gsetz vischfeilhabens halben vorlesen lassen. Freitag 27. Augustj 1540.“ [Ratsverlass Nr. 6] Apotheker Böhner ergänzt, dass Rumele wohl deshalb bestraft worden ist, weil er an einem Tag in Nürnberg auf dem Markt Fische verkaufte, an dem es ihm als einem Auswärtigen nicht gestattet war. Die Kirchenbücher der Pfarrgemeinde Altenmuhr beginnen erst um 1600, so dass wir über diesen frühen urkundlich erwähnten Altenmuhrer Fischer nichts Näheres mehr erfahren. Es liegt nahe anzunehmen, dass er nur einer in einer schon sehr langen Kette von Fischern war, die den Reichtum der Altmühl seit Jahrhunderten nützten. Sehr wahrscheinlich hat das Dorf auch seinen Ursprung in der Fischerei gehabt, was hier zu diskutieren aber zu weit führt. Über 100 Jahre vorher, genau am 1. August 1432, war es nach Streitigkeiten zu einem Vertrag zwischen der Stadt Gunzenhausen und dem Ritter Sigmund von Lentersheim zu Neuenmuhr gekommen, der im Gunzenhauser Heimat-Boten Nr. 22 vom Oktober 1927 abgedruckt ist. Darin ist neben anderen Beratern oder Sachverständigen („taydingsleut“) der Fischer Hans Stain von Altenmuhr genannt. Der Text listet auf, wann, wo und – ziemlich vage – wie gefischt, Vögel gefangen und an den Gräben gegrast werden darf. Er ist nicht leicht zu lesen, weshalb eine „Übersetzung“ von Pfarrer Claus hilfreich ist, die im Gunzenhauser Heimat-Boten Nr. 20 vom August 1936 abgedruckt ist. Pfarrer Clauß geht in seinem Artikel „Aus der Geschichte der Altmühlfischerei“ vor allem auf einen Eintrag im Gunzenhäuser Salbuch von 1532 ein, in dem an einer Stelle Genaueres über den rechten Gebrauch an dem „Gemainen Vischwasser“ berichtet wird. Eine weitere Fischordnung, die „Altmühl- und Visch-Ordnung beeder Herrschaften Eystett und Brandenburg, uffgericht Anno 1615 am 24. Juli“, ist Inhalt eines Beitrags von Dr. Wilhlem Koch, „Zur Geschichte der Altmühlfischerei von Gunzenhausen und Umgebung“, der in den Nummern 33-36 des Gunzenhauser Heimat-Boten vom Jahr 1937 erschienen ist. Dr. Koch verdanken wir hier den Originaltext auch der „Erneuerten Fisch- und Wasserordnung des Oberamts Gunzenhausen“ von 1711. Einige Jahre vorher, im April 1931, hatte der Lehrer Miehling von Ornbau im Gunzenhauser Heimat-Boten die Wasser- und Fischordnung für die Altmühl vom Jahre 1735 im Wortlaut veröffentlicht, die durch Unterschrift aller im hiesigen Raum vertretenen Landesherren anerkannt worden war. Dazu zählten neben dem Markgrafen von Ansbach der Bischof von Eichstätt, der Fürst von Öttingen, der Deutsche Orden (Eschenbach), der Graf von Pappenheim, der Freiherr von Zocha (Wald) und die Freiherren Crailsheim (Sommersdorf) und Lentersheim (Alten- und Neuenmuhr). Diese Fischordnung hatte, lt. Dr. Koch (s. o.), in Teilen bis ins 20. Jahrhundert Gültigkeit. Auch die Ritter von Lentersheim in Alten- und Neuenmuhr ließen es sich nicht nehmen, durch eine „Dorfordnung“ von 1605 gegen Missstände vorzugehen, in der die Fischerei einen großen Raum einnimmt. Wenn man die gesetzlichen Bestimmungen vergleicht, erhält man zusammenfassend folgende Informationen:

  1. Neben den Fischrechten, die allen Bürgern, wenn auch nicht unbeschränkt, gewährt waren (das galt nur in Gunzenhausen), gab es herrschaftliche und auch private Fischrechte, die nur den Besitzern oder Pächtern (Beständer) zustanden. Die Fischer durften sich nicht zu Koppeln (Gruppen) zusammentun, sondern höchstens zu zweit gemeinsam ihrem Gewerbe nachgehen, nach der Altenmuhrer Dorfordnung nur allein. Wenn nach einem der häufigen Hochwässer Fische in kleineren Gräben oder Senken auf den angrenzenden Feldern zurückblieben, durften die Grundbesitzer sie ungestraft fangen und behalten.
  2. Das Recht zu fischen war in mehrfacher Weise begrenzt:
    a) Um den Fischbestand zu halten, bestand eine Schonfrist zwischen Walpurgi (1. Mai) und St. Jacobi (25. Juli).
    b) Es durfte nur am Donnerstag Nachmittag und Freitag Morgen gefischt werden, während der Fastenzeit auch noch am Montag Nachmittag.
    c) Das Angeln war sonn- und feiertags erst nach dem Gottesdienst erlaubt.
    d) Es war nicht gestattet, nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang zu fischen.
    e) Die Fische mussten eine Mindestgröße haben, ansonsten war der Fischer gehalten,sie wieder ins Wasser zu werfen. Dabei galten folgende Gewichte: Hecht, Karpfen und Orfe mind. ½ Pfund; Rupp und Gratfisch ¼ Pfund; Persing (= Barsch), Weißfisch und Rotauge 1/8 Pfund. Zeitweise waren statt des Gewichtes auch Längen angegeben.
    f) Krebse durften gefangen werden, sofern sie in der Breite mit beiden Scheren mindestens ½ Werkschuh (ca. 15 cm) maßen. Eier tragende „Docken“ (= Weibchen) durften grundsätzlich nicht gefangen werden. Auch für die Krebse galten die oben erwähnten Fischtage, und es durfte erst nach dem Veitstag (15. Juni) gefangen werden.
  3. Welche Fische in der Altmühl gefangen wurden, lässt sich nicht vollständig beantworten. Einige Fischarten sind schon erwähnt worden. In den Texten finden sich noch Schleien, der Steinbeißer und Elden. Letztere schreibt Grimm in seinem Wörterbuch als „Alten“, und bekannt ist dieser Fisch auch als Aland oder Orfe. Beim Rupp oder der Ruppe handelte es sich um die so genannte Aalruppe, einen dem Aal ähnlichen Fisch. Was man unter Gratfisch zu verstehen hat, bleibt unklar. Vielleicht war die Brachse aufgrund ihrer zahlreichen Gräten gemeint. (Rudolf Jacob liest, nach Heimatbuch Treuchtlingen S. 252, hier „Bratfisch“, womit der Eitel gemeint sei.
  4. Auch über die Art des Fischens erfahren wir einiges. So durften die Bürger mit Händen, Schragen und Taupeln fischen. Letzteres Gerät hieß eigentlich Tauchber und war ein gerahmtes Netz, das man versenkte und an einem Stab wieder hochzog. Es hieß auch Tauchgarn oder Senkgarn. Ähnlich muss der Schragen ausgesehen haben. Grimm erläutert: „bei fischern ein netz,Fischer mit Taupel mit dem man in kleinen flüssen fischt, ein viereckiges, mit kleinen maschen gestricktes Netz, an dessen vier zipfeln die enden zweier halbmondförmig gebogener stücke befestigt werden, welche in der mitte kreuzweise übereinander gebunden werden.“ Verwendet wurden auch der Ber, ein sackartiges Netz, wohl ähnlich einer kleinen Reuse, der Schubhamen, ein beutelförmiges Netz, heute Käscher genannt, wobei der Wortteil „Schub-„ im Dunkeln bleibt. Reusen sind allgemein üblich gewesen. Und in einigen Texten werden auch Schiffe genannt, die aber nur die berufsmäßigen Fischer benützten. Offenbar wurde der Fluss an geeigneten Stellen mit unterschiedlichem Material verbaut, so dass die Fische „gelenkt“ werden konnten. Solche „Fache“ waren einerseits erlaubt, hinderten aber immer wieder auch den Abfluss, was besonders nach starken Regenfällen zu vermehrten Überschwemmungen führte und deshalb auch wieder verboten wurde. Es mag hier ergänzt sein, dass der Wasserabfluss allerdings auch anderweitig behindert wurde: durch Einlegen des Flachses, durch Abfälle der Rotgerber, durch allerhand Unrat der Bürger. Die Abb. ist entnommen dem „Heimatbuch Treuchtlingen“.
  5. Im Zusammenhang mit der Förderung des Wasserabflusses steht auch die in allen Verordnungen wiederkehrende Verpflichtung der Fischer, die Altmühl auszuschneiden Landhaken und das Schnittgut aus dem Fluss zu ziehen und am Ufer zu lagern. Während die Altenmuhrer Dorfordnung keine Angaben über die Häufigkeit macht – es genügt die Anordnung durch den Bürgermeister –, verlangt die Brandenburgische von 1615 ein zweimaliges Ausschneiden (an Pfingsten und Laurenti (= 10. August)). In der „Erneuerten Fischordnung von 1711“ und in der von 1735 wird ein viermaliges Ausschneiden zwischen Walburgis (1. Mai) und Egidii (1. September) bzw. Anfang und Ende Mai, um Johanni und um Laurenti verlangt. Hierbei ist der Einsatz einer Grundsense vorgesehen, wie sie noch in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts verwendet wurde (s. auch weiter unten). Die Gunzenhäuser Beamten gingen in dieser Sache sehr streng vor und setzten zur Einhaltung der Bestimmungen sogar eigens einen „Wassergrafen“ ein, wie dem Artikel von Hans Bach im „Alt-Gunzenhausen“ Heft 24 nachzulesen ist.
    Wie wichtig diese Verordnungen von der Obrigkeit genommen wurden, beweisen nicht nur die immer wieder angeführten Schäden, die durch Missachtung der Vorschriften hervorgerufen wurden, sondern auch die teils drastischen Strafen, die den „verprechern“ drohten. Und damit sich niemand darauf hinausreden konnte, dass er nicht lesen kann, wurden die Verordnung alljährlich vor den Bürgern vorgelesen und wohl auch erläutert.

Fischerei im 20. Jahrhundert

Im Laufe der Zeit hat sich der Fischfang in der Altmühl nicht wesentlich verändert. Ein größerer Unterschied zu den Gunzenhäuser Verhältnissen lag darin, dass es in Altenmuhr keine „gemayn nützen“ gab, d. h. es gab keine freien Fischwasser, sondern sie waren alle an Besitzer verteilt („Lehen- oder aygen Wasser“). Wie das Privateigentum sich im Lauf der Geschichte entwickelte, entzieht sich unserer Kenntnis. Doch gab es neben dem Fischrecht des Ritters von Lentersheim und dem der Gemeinde schon sehr früh private Rechtler, die dann den Beruf des Fischers ausübten. Einige erscheinen auch namentlich in den diversen Verordnungen. Das „Obere Wasser“ reichte von der Furt in der Altmühl, die bis zum Bau der ersten Altmühlbrücke (ca. 50 m weiter südlich) in Benutzung war und auch heute noch von Reitern verwendet wird, Richtung Norden bis zur Schwarzen Brücke, die schon außerhalb des Gemeindegebietes liegt. Der erste Abschnitt, ca. 200 m lang, gehört zum Schloss. Danach folgt ein so genanntes „Wechselwasser“, dessen Nutzung jährlich von einem Mitbesitzer zum nächsten wechselte. Eigner sind die Familien Jung und Schmidt. Es folgt der größte Abschnitt, der der Familie Michael gehört, und den Abschluss bildet ein Fischrecht, das wieder der Familie Jung zusteht. (Inwieweit diese Besitzverhältnisse auch heute noch Gültigkeit haben, sei dahingestellt!) Während in früheren Jahrhunderten die Fischerei vielleicht noch als einziger Erwerbszweig ausreichte, eine Familie zu ernähren, war dies im letzten Jahrhundert und wohl auch schon im vorhergehenden nicht mehr möglich. Zu viele Besitzer mit ihren Familien hingen daran, als dass der Ertrag als Lebensgrundlage dienen konnte. So war es wohl auch nur eine Frage der Zeit, bis es zu Zerwürfnissen innerhalb der Familie Jung kam und ein Mitbesitzer das Feld räumte, um als Stadtfischer in Leutershausen einen neuen Anfang zu machen. Im Wesentlichen betrieben nur noch zwei Familien das Geschäft: die Familien Michael und Jung. Das „Untere Wasser“ beginnt mit einem der Gemeinde gehörenden Abschnitt, dessen Nutzung zum Teil der Schule, zum Teil dem Totengräber zustand. Deshalb wurde der Teil auch „Schulwasser“ bzw. „Totenwöhrlein“ genannt (unter Wöhrlein/Wehrlein, in der Mundart „wierla“ - ist eine eher flache Gewässerstrecke zu verstehen (vgl. Werder)). Im Bereich dieses Fischrechtes liegt auch der so genannte „Katzentümpfel“, eine Vertiefung in der Flussrinne, in der wohl früher die unerwünschten Jungkatzen ersäuft wurden. Danach folgte das der Gemeinde gehörende und dann das „Popp’sche Fischwasser“, das sich die Familien Jung und Michael teilten und bis kurz vor die Walder Mühle reichte. Der Name rührt von einem Vorbesitzer her, der als Fischer in den Kirchenbüchern auftaucht. Im Folgenden beschränke ich mich auf die Darstellung des Fischens im Bereich des Oberen Wassers.

Vorbereitungen

Jeweils im Spätherbst und im Frühjahr vor Ostern waren die Fischzüge angesetzt, und die Familienhäupter, Leonhard Michael und Georg Jung, begutachteten den Fluss und seinen Zustand. Damit beim Fischen nicht Gerätewagenzu viel Unrat „erbeutet“ wird, zog man mit der kleinen Säge durch (Näheres weiter unten). Dann mussten die Helfer gewonnen werden. Das waren meist Verwandte, Nachbarn oder interessierte Mitbürger. Am Vortag wurden die langen Netze vom Dachboden des Hauses Judenhof 27 heruntergeholt, wo sie, mit aufgeschlitzten Zementsäcken vor Lichteinstrahlung geschützt, das Jahr über zum Trocknen aufgehängt waren. (Zu diesem Zweck hatte es bis ins 18. Jh. noch ein Fischhaus jenseits der Altmühl, heute Zur Altmühl 6, gegeben. Welche weitere Funktionen es hatte und wem es gehörte, ist nicht bekannt.) Dann wurden sie auf einen kleinen Wagen geladen, dessen hintere Räder größer waren als die vorderen, so dass die Ladefläche beim Absenken in den Fluss weitgehenden eben blieb. Etwa 100 Meter Kahnwestlich macht die Altmühl einen Bogen, und hier war das Ufer relativ flach, so dass man den Wagen ins Wasser fahren und dann die Netze in die bereitstehenden Kähne („Schiffe“) verladen konnte. Das waren recht einfach gebaute Boote: drei astreine Kiefernbretter (ca. 5 m) für den Boden und die beiden Seitenwände, die miteinander verklebt waren. Vorne und hinten war jeweils ein trapezförmiges und als oberer Abschluss ein ca. 50 cm breites rechteckiges Brett eingepasst. An einer Stirnseite hatte der Zimmerer, der den Kahn zusammenbaute (der letzte war Hans Ströhlein), einen Eisenring, das Kranzel, eingearbeitet, an dem man den Kahn dann mittels einer Kette an Land ziehen oder vor unbefugtem Zugriff an geeignetem Ort sichern konnte. Die Kähne wurden natürlich mit der Zeit an den Fugen undicht. Solche Stellen wurden dann mit Teer abgedichtet, den sich die Fischer u. a. beim Bau der Bundesstraße 13 in Stadeln holten. Wenn alles verladen war, ging es mit Muskelkraft gegen die erfreulicherweise nur schwache Strömung die Altmühl „hinauf“ (gegen die Strömung) zum ersten Zug.

Die ZügeDer Fischzug: 1. Die Züge

Die Fischfangstrecke begann oberhalb des „Schlosswassers“, d. h. des zum Schloss gehörenden Fischrechtes, zwischen dem „Gäultümpfel“ (auf Höhe des Schlosses erkennbar an einer Sandaufschüttung am Ufer) und dem Einfluss des alten Nesselbaches. Die Fischer hatten die gesamte Strecke in so genannte „Züge“ eingeteilt, das sind Abschnitte von einer gewissen Länge, an deren Enden sich jeweils flachere Uferstrecken befanden, an denen die Beute an Land gezogen werden konnte. Einige hatten Namen: der „untere“, der Kaltlachzug (oberhalb des Einflusses dieses Altmühlabzweigs), der „Lange Zug“ oberhalb des Einflusses des Waaggrabens, der seinen Namen wegen seiner größeren Länge bekommen hatte, und der „Bruckzug“, benannt nach der Schwarzen Brücke [siehe die kurzen Querstriche in der Karte] Der 1. Zug war das „Schlosswasser“, das bis zum Einlauf des Nesselbachs reicht; dann folgte der 2. Zug, das schon weiter oben erwähnte Koppelwasser der Familien Jung (2) und Schmidt. Es reichte bis zum Einfluss der Kaltlach und wies zwei sehr tiefe Stellen auf, den „Joggelestümpfel“ (auch „Hans Jockel-Tümpfel“) und den „Bachbodentümpfel“. Diese Stellen liegen oberhalb und unterhalb des Nesselbach-Dükers. Der 3. Zug, der „Kaltlachzug“, führte anschließend das gerade Stück der Altmühl nach Norden und noch um die Biegung nach Osten. Der 4. oder „Lange“ Zug reichte bis zum Einfluss des Waaggrabens. Danach folgte der 5. Zug, in dessen Verlauf ebenfalls große Tümpfel lagen, der „Karpfentümpfel“, das „Große Loch“ und der Der Scheit„Rimig-Rangen“. unter dem sich bis vor 100 Jahren auch gerne Krebse aufhielten. Abgeschlossen wurde das Fischen mit dem 6. Zug, dem „Bruckzug“.

2. Die Fangmethode

Wenn die Fischer mit ihren beiden Kähnen und den Netzen am Beginn des Zuges eingetroffen waren, ließen sie die große Säge ins Wasser. Dies ist ein ca. 8 mal 2 Meter großes annähernd rechteckiges Netz mit ca. 3 m langen, etwa 10 cm starken Rundhölzern an den Enden, den so genannten „Scheiten“. Sie hatten im unteren Teil ein stärkeres Seil, an das man das ca. 30 Meter lange Zugseil anknüpfen konnte. Auf jedem Flussufer wurde eines der Scheite angelegt, das Zugseil auf das Ufer geworfen, wo es von den Ziehern aufgenommen wurde. Das waren Helfer, teils Verwandte, teils Nachbarn, teils interessierte Mitbürger: Holger, Luise und Wilfried Jung, Leonhardt und Karl Frey, Christian Schmidt, Konrad Seitz, Herbert Reiprich, um nur einige zu nennen. Nun knieten sich die Fischer auf das Abschlussbrett des Kahns, nahmen das Scheit in die Hände, drückten das untere Ende gegen das Flussufer, das obere gegen ihre Schulter und gaben das KommandoKarl Frey und Holger Jung zum Ziehen. Die Helfer legten sich „ins Geschirr“ und zogen nun den Kahn mit den Fischern und das Netz durch den Fluss. Schwimmer aus Kork hielten das Netz immer auf Wasserhöhe, so dass die Fische nicht darüber hinwegkommen konnten. Und das untere Ende des Netzes war mit Eisenstücken versehen, die es am Boden hielten – meistens. Es kam nämlich immer wieder vor, dass durch Unebenheiten am Ufer das Zugseil so gespannt wurde, dass dies zu einer Anhebung des Scheits und damit des Netzes insgesamt führte, die der Fischer auch unter Aufbietung seiner ganzen Kraft nicht verhindern konnte. Dann erscholl der Ruf „Auf“, worauf die Zieher sofort das Seil losließen, die Spannung lösten und so dem Fischer die Möglichkeit gaben, das Scheit wieder gegen den Boden zu drücken. Wenn der Fischer hier zu lange mit dem Kommandoruf wartete und seine Kräfte überschätzte, konnte es durchaus passieren, dass er über den Kahn hinaus ins kalte Altmühlwasser gezogen wurde. Dann musste er Leonhard Michael ....schnellstens ins Dorf zurück, sich umziehen und wieder zurückkehren, denn einen dritten Fischer, der hätte einspringen können, gab es nicht. Um die Beute einigermaßen im Netz zu halten, war es notwendig, einen „Sack“ in das flächige Gestrick einzuarbeiten. Dies ließ sich Georg Jung (Balthen-Schorsch) nicht nehmen, allerdings blieb er so auch der einzige, der die Technik des Netzstrickens beherrschte. Seinen Enkel Holger Jung und dessen Frau Luise konnte er für diese Arbeit nicht begeistern, und das Angebot von Erich Michael, diese Aufgabe zu übernehmen, nahm er nicht an, aus welchen Gründen auch immer. Am Ende einiger Züge war quer durch den Fluss das SpiegelgarnWaagsack, ein doppeltes Netz, gespannt, damit die Fische nicht stromaufwärts entkommen konnten. Das war vor allem beim letzten Zug geboten, man wollte ja die Beute nicht den angrenzenden Pächtern zutreiben! Nun warfen die Helfer auf einem Ufer ihr Seil auf das andere hinüber, wo es die anderen aufnahmen. Sie mussten ja ihr Seil nicht mehr ziehen, da das Ende des Zuges erreicht war, eine Stelle mit flachem Ufer, wo man sicher stehen konnte. Die „seillosen“ Helfer durften dann zusehen, wie ihr Fischer am Sperrnetz entlang auf die andere Seite gezogen wurde, wo dann beide Fischer aus den Kähnen stiegen und das Netz einholten. Dabei hielten sie den unteren Netzrand unter ihren bis zu den Hüften reichenden Gummistiefeln und verhinderten so, dass Fische im letzten Moment noch entkommen konnten. Es mochte ein Helfer in einen Kahn steigen und verhindern, dass beide abgetrieben wurden, meist reichte aber die Fixierung mit Hilfe des Ruders. Die übrigen konnten nun gespannt zuschauen, ob sich der Fischzug gelohnt hat. Das Wasser blieb anfangs noch recht ruhig, dann aber wurde es recht lebendig unter den Bemühungen der Fische in die Freiheit zu gelangen. Die Beute wurde in einen Kahn geworfen, wobei die zu kleinen, „untermäßigen“, wieder in den Fluss geworfen wurden. Auch der mitgefangene Unrat wurde wieder im Wasser versenkt. Damit die Fische im Kahn nicht zu sehr litten, hatte ein Fischer Wasser eingebracht. Dazu brachte er durch Schaukeln des Kahns um seine Längsachse die Seitenwand unter die Wasserlinie. Er wiederholte das, bis genug Wasser im Kahn war. Dann wurde die Beute an eine Stelle gefahren, an die der Fischaufkäufer („Huter-Beck“ von Gunzenhausen) bequem mit dem Auto herankommen konnte. Dort war der so genannte „Woodensack“, ein schlauchartiges Netz, mit seinen Querstangen in die UferböschungReuse gerammt worden, so dass sein unteres Ende im Wasser trieb. (Bei Grimm heißt das Netz Watgarn). Dahinein wurden die Fische geworfen und warteten auf ihren Abtransport. Das nun nicht mehr nötige Wasser wurde entweder mit einer flachen Schüssel oder durch „Pfitzen“ (Stoßen mit dem flachen Ruder) aus dem Kahn befördert. Anschließend ging es zum nächsten Zug, wobei die Fischer ihre Ruder immer wieder durchs Wasser schlugen, um die Fische in die gewünschte Richtung zu scheuchen.

Neben dem Fangen mit Netzen wurden das ganze Jahr über stets Reusen eingesetzt, allerdings nicht in der Altmühl, die dafür zu breit war. Die Fische zog es immer wieder in die Seitengräben, die teilweise sehr gutes, nährstoffreiches Wasser führten. Besonders gern besucht wurde über den Waaggraben hinweg der Ettergraben, der von Heglau herunterführt. Hier gab es immer gute Beute. Verwendet wurde die so genannte Flügelreuse, die Georg Jung selbst herstellte. Dazu strickte er das lichtunempfindliche Hanfgarn über zum Kreis gebogene Fichtenäste. Erst später verwendete man dann Perlon, das aber der Lichteinwirkung auf Dauer nicht standhielt. Die Reuse selbst bestand aus mehreren Bögen mit immer kleinerem Durchmesser, zwischen denen auch noch Netzschläuche gestrickt waren. Damit die Reuse die ganze Gewässerbreite abdeckte, erhielt sie vorne auf zwei Seiten Flügel: etwa 80 cm hohe und 1,50 m bis 4 m lange rechteckige Netze, je nachdem ob sie in der Kaltlach oder dem Ettergraben eingelegt werden sollten. SterzeDiese wurde dann so in den Lauf des Gewässers mit Hilfe von Holzstangen, in die kurze Holzhaken eingepasst waren, und einem Klüpfel (Holzhammer) befestigt, dass für die Fische kein anderer Weg als ins Netz hinein übrig blieb. Und im Netz ging es nur in einer Richtung weiter: gegen das mit einem Knoten verschlossene Ende der Reuse. Der Fischer brauchte dann nur von Tag zu Tag nachsehen und ggf. „ernten“. Fast „archaisch“ ging es nach einem Hochwasser zu, wenn die Fische aus dem Flusslauf hinaus in die „Deichten“ (Senken) und weitgehend verfüllten Altgräben zogen. Beim Zurückweichen des Wassers fanden nicht wenige den Weg in den Fluss nicht mehr, blieben auf der Strecke und konnten dann „eingesammelt“ werden. Nach großen Hochwässern, z. B. im 19. Jahrhundert, blieben so viele Fische auf dem Trockenen, dass sie gar nicht mehr aufgesammelt werden konnten. Sie verendeten elend, und der Aasgeruch hing wochenlang über dem Wiesmet. Die kleineren Gräben hatte man zusätzlich mit dem Spiegelgarn, einem zweifachen und engermaschigen Netz, abgesperrt, so dass die Fische nicht mehr in die Altmühl zurückkonnten. Auch größeren Karpfen ging es nicht besser. Wenn sie in den kleineren Gräben aufwärts schwammen, passierten sie die Durchlässe (Rohre), die die Bauern für den Heutransport in die Gräben eingelegt hatten. Beim Zurückgehen des Hochwassers gelangte dann Reisig und Astwerk ins Rohr, so dass die Karpfen nicht mehr durchkamen und sich vor dem Durchlass stauten. Jetzt brauchte der Fischer nur eine „Sterze“, ein konisch zulaufendes Schlauchnetz, um die Fische am Boden festzusetzen und dann herauszuholen, evtl. mit einem Käscher. Hierbei sollen sich auch einige Muhrer ohne Fischereiberechtigung bedient haben, was aber strafrechtlich nicht verfolgt wurde. (Abb. aus „Heimatbuch Treuchtlingen“, a.a.O.)

3. Der Fang

Wie viel gefangen wurde, hing von mehreren Faktoren ab, die auch mit dem Lebenszyklus der Fische zusammenhing. So wurde im Frühjahr stets weniger gefangen als im Herbst. Und beim Herbstfischen warteten die Fischer möglichst lange, am besten bis es das erste Eis am Flussufer gab. Dann waren die Fische nicht mehr so lebendig, um den Fängern zu entkommen. Nun musste freilich das Scheit so schräg geführt werden, dass das Netz unter dem Eisrand gezogen werden konnte. Die deutlich höhere Beute rechtfertigteHechte die vermehrten Anstrengungen. Für die Zieher war es freilich unangenehmer, je kälter das Wetter war. Und die Zeiten der Untätigkeit, während die Beute angelandet wurde, ließen uns ganz schön frieren. Gefangen wurden vor allem Hechte und Karpfen. Und bei einem Fischen konnten mehrere Zentner Fische eingebracht werden. Georg Jung berichtet vom größten Ertrag 1924: „Da haben wir gefangt 134 Zentner Hecht und Karpfen und Schleien – ohne weiche Ware, ohne Weißfisch, Piersching [Barsch], Brachsen, Elden [Aland oder Orfe].“ Hier muss aber ergänzt werden, dass die Gewässerstrecke damals durch Zupachtungen 25 km betrug. In größerem Stil konnten Fische in den so genannten „Fischgruben“ aufbewahrt werden. Das waren nichts anderes als kleine oder größere Tümpel, die man künstlich auf gesichertem Gelände angelegt und mit Wasser gefüllt hatte. Neben den Weihern in der Kollespain diente auch der Neuenmuhrer WeiherDorfweiher von Neuenmuhr eine Zeitlang als Zwischenlager für die Fische. So waren die Fischer beim Verkauf nicht auf die kurze Zeit nach dem Fischzug, also November bzw. März, beschränkt, sondern konnten das ganze Jahr über verkaufen und dabei einen höheren Preis erzielen. So geschehen zum Beispiel 1924. Nach dem Fang erhielten sie vom Fischhändler in München für das Pfund Hecht 80 bis 90 Pfennig, kurz vor Weihnachten dann 1,35 Reichsmark, also 50% mehr. Damals hatten sie auch einen 1,35 m langen Hecht mit 27 Pfund (13,5 kg) gefangen, den sie an das Ansbacher Hotel „Zirkel“ verkaufen konnten, allerdings nur 60 Pfennig pro Pfund erzielten. Zur Veranschaulichung: Eine Halbe Bier kostete damals 24 Pfennige. Es hat immer wieder Versuche gegeben, die Fische selbst zu vermarkten. Doch waren die größeren Absatzorte ziemlich weit entfernt. Andererseits muss der in Aussicht stehende Gewinn doch so groß gewesen sein, dass die Muhrer Fischer keine Mühen scheuten. Schon eingangs wurde ein Muhrer Lagel Fischer erwähnt, der seine Beute in Nürnberg feilbot. Nähere Umstände sind nicht bekannt. Erich Michael erzählt aber, dass sein Vater Leonhardt, dessen Bruder Max und Georg Jung den weiten Weg auch nicht scheuten. Sie füllten ein kleines Holzfass, Lägel oder „Lächerla“, mit Wasser und warfen dann Fische hinein. Das Fass hatte oben ein vergittertes Loch, so dass Luft eindringen konnte. Dieses Fass stellten sie in eine Schubkarre und zogen damit „auf verborgenen Wegen“ bis Nürnberg. Abfahrt war Donnerstag gegen 13 Uhr, Ankunft in Nürnberg um 6 Uhr morgens am nächsten Freitag, so dass sie ihre Fische noch vor Marktbeginn ordentlich anrichten konnten. Und Georg Jung erzählt, dass sie ihre Fische „in der schlechten Zeit“ (1924) auch in Ansbach verkaufen wollten. Trotz der Bedenken von Max Michael brachenFischkästen sie auf. Georg Jung: „Und da sind wir 2 Stunden, es ist so ein schlechtes Wetter gewesen, und da sind wir 2 Stunden lang dort gestanden und kein Mensch hat uns etwas abgekauft. Und dann ist der Maxl narrisch geworden, dann hat er die Brenten gepackt und die ganzen Weißfisch auf den Marktplatz hingeschüttet. Jetzt haben sie geschaut. Ich glaube, dass sie sie nicht einmal so wollen. Und wie er das gesagt hat, sind innerhalb 10 Minuten von den 8 oder 10 Zentnern Weißfisch keiner mehr dagewesen – alle miteinander fort. Mit den Schüsseln sind sie gekommen, die Kittel haben sie runter und haben’s in die Ärmel hinein und in die Kittel haben sie sie hinein. In 10 Minuten sind die 10 Zentner Weißfisch fortgewesen.“ Georg Jung musste sich für diese Aktion vor Gericht in Ansbach verantworten, wurde dabei vom Vorwurf der Tierquälerei freigesprochen.

Der Krebsfang

In dem Gespräch, aus dessen Mitschnitt oben zitiert wurde, ging es auch um den Krebsfang oder das Krebsen. Dies war ein nicht unwesentlicher Teil der Fischerei – bis in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. DannKrebsmodelle brach die Krebspest aus, die diese schmackhaften Tiere vollständig ausrottete. Bis in die 50er Jahre konnte man noch vereinzelt die wesentlich kleineren Taschenkrebse im Nesselbach finden, sie hielten sich aber auch nicht. Begehrt waren die Flusskrebse, die bis zu 20 cm lang wurden. Gefangen wurden sie in so genannten Krebskörben in der Form von Flaschenkörben, die die Fischer selbst aus Weidenzweigen und Holzbändern flochten. Um die Tiere in den Korb zu locken, fing man tagsüber kleine Köderfische, schnitt sie in Stücke und stopfte diese in den Korb, der dann ins Gewässer eingelegt wurde. Georg Jung erzählt: „Und dann sind die Kerle da hineingekrabbelt. Und raus haben sie nicht mehr gekonnt.“ Er berichtet weiter von einer netten Episode aus dem Jahr 1918: „Ja, nach dem 1. Weltkrieg ist die erste Kirchweih gewesen in Neuenmuhr unten und da hat’s keine Musik gegeben, und der Maxl, der Michael Maxl, der Fischer, und der Hardtl, die haben doch ein wenig auf die Kirchweih gewollt. Sagen wir, Herrschaft, was machen wir denn? Kein Geld hat man nicht. Da hat ja keiner kein Geld nicht gehabt. Was macht man jetzt denn da? Jetzt sind wir hinauf in den Nesselbach, weil uns der auch gehört hat, und dann haben wir gekrebst im Nesselbach. Das sind natürlich keine Edelkrebse, sondern das sind Steinkrebse, die sind auch nicht so groß als wie die Altmühlkrebse gewesen sind. Und die Krebs, die sind schwarz, und die Altmühlkrebs sind so grünlich gewesen und großeKrebskorb Krebs. Es waren schöne Krebs, sie waren sicher 12 bis 15 Zentimeter lang, es sind Trümmer Kerl gewesen. Dann sind wir da hinauf und dann haben wir krebst. Jetzt konnten wir doch mit unseren Trümmer Pfoten nicht hineinlangen. Jetzt haben wir die zwee [!] Finger reingesteckt, und dann hat uns der Krebs derwischt gehabt und uns zusammengezwickt, und dann haben wir ihn herausgezogen. Und dann werden wir so 5 bis 6 Pfund gefangen haben von denen Krebs. Ja, Herrschaft, was machen wir jetzt? Der Michael’s Maxl hat dann gesagt, da gehen wir zum Baron, der ist gegenwärtig da. Jetzt sind wir zum Baron rein und da haben wir die Köchin gefragt, ob wir den Herrn Baron sprechen könnten. So, den Herrn Baron? Ja, ich werde hinaufgehen und ventilieren [!]. ……. hat er eine Mordfreude gehabt, und Michael und Jung. Nun ja, wenn man so genau auf der Nachbarschaft ist beieinander. Und dann sagt er, ja was habt ihr denn? Sagen wir, heute haben wir, Herr Baron, ein wenig Krebs. Was???, hat er gesagt. Krebse gibt’s wieder in der Altmühl? Dann sagen wir, ja, in der Altmühl nicht, im Nesselbach haben wir sie gefangen droben. Und zuerst hat er gesagt: Dann stimmt das doch mit den Altmühl-Krebsen in Paris in Versailles drüben. Wie ich die Speisekarten gelesen habe Prima Altmühl-Krebse, und ich weiß doch, dass es bei uns keine Altmühlkrebse mehr gibt. Also dann stimmt’s! Dann sagen wir, leider in der Altmühl gibt es keine, aber im Dings haben wir‘s gefangt, und die möchten wir halt verscheppern, Herr Baron. Wenn Sie’s uns abkaufen wollten, wir möchten auf die Kirchweih gehen [lacht] auf Neuenmuhr nunter. – Ja, na freilich. Die kauf ich selbstverständlich, hat er gesagt. Also den Preis weiß ich heute natürlich nimmer, wie viel er uns gezahlt hat. Aber wir haben tadellos schön Kirchweih feiern können. Er war großzügig, der Herr Baron.“ Die Bemühungen, die Flusskrebse wieder in der Altmühl heimisch zu machen, blieben erfolglos. Dazu war das Wasser nicht gut genug. Nicht nur die Abfälle aus der Landwirtschaft, sondern auch der Kunstdünger, der nach Regenfällen und den jährlichen Hochwässern in die Altmühl gespült wurde, boten keine ausreichenden Lebensbedingungen. Vielleicht gelingt es im Nesselbach. Mammutknochen

Besondere Fänge

Beim Fischen gab es auch immer wieder „überraschende“ Beute. Nicht selten war ein Teil der Uferböschung abgestürzt und als Klumpen ins Wasser gefallen, wo er dann zu einer Kugel gerollt wurde und sich im Netz verfing. Die Fischer waren schon voller Erwartung über den „mächtigen“ Fang, und die Enttäuschung beim Leeren war groß. Nicht ganz so enttäuscht vor gut 100 Jahren: Eher durch Zufall stieß ich bei einem Besuch des Markgrafen-Museums in Ansbach auf ein Exponat, das in der Familie unbekannt war. Es handelt sich um einen knapp einen Meter langen Mammutknochen, den Georg Jung im Jahr 1911 in der Altmühl beim Fischfang geborgen hatte. Über einen Gewässerpächter aus Ansbach ging der Knochen dann in den Besitz des Museums über und kündet nun von eiszeitlichem Leben im Wiesmet. Es kann aber auch sein, dass er über die Jahrtausende hinweg aus dem Bereich des Oberlaufs der Altmühl heruntergeschwemmt wurde. Beim Fischen wurden durch das auf dem Boden streifende Netz auch immer Wasserpflanzen „mitgeerntet“. Zunächst war das für die Fischer immer ärgerlich, weil dadurch das Netz verschmutzt wurde und die Halme und Blätter mehr oder weniger mühselig herausgezupft werden mussten. Das galt aber nicht für den Kalmus (Acorus calamus) oder Deutscher Ingwer. Georg Jung, so will sich Erich Michael erinnern, habe die Idee gehabt, die Stengel dieser Pflanze zu nützen. Nach der Familienerinnerung ist es allerdings Frau Petra Müller, ehemalige Pfarrköchin und Kräuterexpertin, gewesen, die bei Georg Jungs Sohn Wilhelm das Interesse für die Nutzung weckte. Er war es jedenfalls, der die Wurzeln in längliche Streifen schnitt, sie trocknete und in Alkohol ansetzte, den er von einem Neuenmuhrer Bauern mit Brennrecht bezog. Nach einiger Zeit vergoren die Pflanzenstücke und gaben ihr Aroma an den Alkohol ab, und es entstand eine Art Likör, der als Magenbitter bei Verdauungsstörungen gute Dienste leistete, allerdings nicht jedem so gut schmeckte wie dem Bibliotheksrat J. H. aus Erlangen. Wilhelm Jung erntete den Kalmus auch ohne Fischzug und erfreute manchen Gast oder Nachbarn mit einem Schluck Kalmus. Daneben setzte er auch einen Tee an oder kaute die getrockneten Stücke. Mit seinem Tod ist das Wissen um die Fundstellen der Pflanze verloren gegangen.

Pflegemaßnahmen: Der Besatz

Für Weiherbesitzer, zunehmend aber auch für Angelvereine mit fließenden Gewässern, ist der Besatz mit Jungfischen eine wichtige Aufgabe. Sie spielte für die Altmühlfischer aber nur eine untergeordnete Rolle. Wenn beim Fang Fische dabei waren, die für eine Nutzung zu klein waren, warf man sie wieder zurück in den Fluss, wohl wissend, dass sie im nächsten oder übernächsten Jahr ins Netz gehen würden. Und die Fischräuber, die sich heute an den Jungfischen gütlich tun, waren damals nur selten bzw. überhaupt noch nicht vertreten. Hin und wieder ein Fischreiher oder ein Storch, die man aber gewähren ließ. Bei den Frühjahrsfischzügen gingen natürlich „trächtige“ Hechte ins Netz, die dann aussortiert und nach Dürrwangen zu einem Fischzuchtbetrieb gebracht wurden. Im Gegenzug erhielten die Altmühlfischer dann Junghechte. Auch der Gunzenhäuser „Huter-Beck“ übernahm Karpfen und Hechte zum Abstreifen und gab dann im folgenden Frühjahr Setzlinge ab.

Der Sichelschlag

Mit einem Teil der Fischrechte war auch das so genannte Sichelschlagrecht verbunden, teils beidseitig, teils einseitig am jeweiligen Gewässer. Das Recht verpflichtete die an das Ufer angrenzenden Wiesenbesitzer, dem Fischer die Nutzung eines Streifens von 3 Schuh (ca. 1 m) am Ufer entlang „zu jeder Zeit“ zu gestatten. Das ist nicht immer problemlos gewesen, Streitigkeiten konnten aber stets ausgeräumt werden. Für den Fischer war diese „Beigabe“ durchaus interessant, aus mehreren Gründen: a) Der Grasschnitt war so ertragreich, dass eine oder mehrere Kühe davon ernährt werden konnten. Allerdings war die Grasernte nicht ganz einfach. Erich Michael berichtet, dass er bei seinem Sichelschlag stets vom Kahn aus gemäht hat. Dann musste er ans Ufer, das Gras zusammenrechen und in den Kahn verfrachten, der nur eine begrenzte Aufnahmefähigkeit hatte. Es konnten dann mehrere Fahrten notwendig werden. Georg Jung hat sich vom Wagner Schmidt in Altenmuhr eigens eine Grasschubkarre anfertigen lassen, die etwas schmaler als gewöhnlich war, damit sie in den Kahn passte. b) Die Wiesenbesitzer wurden durch das Sichelschlagrecht auf Abstand gehalten, was einen gewissen Schutz für die teilweise stark unterspülten Ufer in den Flussbiegungen bedeutete. c) Da die Nutzung allein beim Fischer lag, konnte er auch immer dafür sorgen, dass der Uferstreifen frei von Bäumen und Sträuchern blieb, die das Befischen mit dem Zugnetz behindert, wenn nicht unmöglich gemacht hätte.

Die Wasserstreu

Eine weitere Zusatznutzung des Fischrechtes war die „Ernte“ der Wasserstreu. Eigentlich war das Ausmähen des Flusses oder Baches notwendig, damit die Fischzüge nicht behindert wurden und der Abfluss des Wassers insgesamt gefördert wurde. Doch konnte man diese Wasserstreu nützen. Zunächst musste das Schilf und andere Pflanzen gemäht werden. Dazu verwendeten die FischerWasserstreu die „Wassersechers“ – eine Wassersense, die im Wesentlichen aus einem starken Zugseil bestand, in das in einem frei wählbaren Abstand flächige Eisenmesser eingeknüpft waren. Die Messer waren ca. 50 cm lang und 10 cm breit und miteinander durch Schrauben verbunden, so dass sie, falls notwendig, einfach voneinander getrennt werden konnten. An den Enden des Zugseils waren Querhölzer angebracht, an denen der Fischer und sein Partner auf der gegenüberliegenden Seite des Gewässers beidhändig abwechselnd ziehen konnten, so dass die Wassersense hin und her durch das Schilf fuhr und die Pflanzen unterhalb der Wasserfläche abschnitt. Das Schnittgut wurde dann von der Strömung mitgenommen, bis es von einer quer über den Fluss eingelegten Holzstange aufgefangen wurde. Dann musste das Schilf mit Rechen aus dem Fluss herausgezogen werden, was natürlich an einer passenden, flachen Uferstelle geschah. Auf dem Uferstreifen wurde es dann abgelagert und zum Trocknen mehrmals gewendet. Schließlich konnte es heimgefahren werden, wo es nach dem Häckseln als Einstreu im Stall verwendet wurde. Hierbei reichte natürlich der Uferstreifen des Sichelschlags nicht mehr aus, weswegen die Arbeiten erst im Herbst, wenn die Wiesen zur Schafhut freigegeben waren, ausgeführt wurden. Von Zeit zu Zeit mussten die Teile der Wassersense nachgeschliffen werden, was der Schmiedemeister Dommel in Stadeln besorgte. Leider hat sich dieses Gerät nicht mehr erhalten. Nachdem es der Wasserverband Merkendorf noch in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts eingesetzt hatte,verlor sich seine Spur.

Ausbesserung der Netze

Nach jedem Fischfang mussten die Netze von Unrat (Papierabfälle, Pflanzenreste u. Ä.) befreit, getrocknet und schließlich auf Schäden überprüft werden. Denn trotz sorgfältiger StrickknotenPrüfung der Uferböschungen auf Astwerk und andere Hindernisse verhakte sich immer wieder das Netz beim Fischzug und wurde dann festgehalten und eingerissen – was sicherlich einige Fische immer wieder in die Freiheit entkommen ließ. Und in den Reusen verfingen sich auch immer wieder einmal Bisamratten, die sich dann durchs Netz in die Freiheit bissen. In den Zeiten zwischen den Fischzügen, also im Winter bzw. im Sommer, wurden die Netze geflickt. Georg Jung erledigte dies mit selbst gefertigten Nadeln. Die Strickmethode istStricknadeln , wie oben schon erwähnt, in Vergessenheit geraten. Im Internet findet sich eine Übersicht zum Netzstricken mit diversen Zeichnungen, wobei allerdings die zugehörige Texterläuterung fehlt. Die Zeichnungen können aber trotzdem einen Einblick in die Technik gewähren. Erhalten geblieben sind zwei Stricknadeln und ein Holzstöckchen mit ovalem Querschnitt, das lt. Erich Michael als Halterung für die ersten Knoten beim Netzstricken diente. Es war wohl auch ein Holzstück als Abstandshalter für die Maschengröße notwendig, das aber vielleicht nur ad hoc gefertigt wurde und nach Gebrauch im Ofen verschwand.

Schluss

Der Fischfang mit Netzen ist Vergangenheit. Schon vor dem Bau des Altmühlsees mit seinen erheblichen Eingriffen in die Landschaft haben die Rechtebesitzer diese Art des Fischens aufgegeben. Es war vergleichsweise aufwendig, der Ertrag ging immer weiter zurück. Demgegenüber waren Angelvereine aus der Nähe, aberKahnfahrt auch aus Nürnberg immer mehr interessiert, in der Altmühl ihrem Hobby nachzugehen. Und sie waren bereit, einen erheblichen Pachtbeitrag zu leisten. Deshalb kam die letzte Fischergeneration, Willi Jung und Erich Michael, überein den traditionellen Fischfang aufzugeben. Mit dem Bau des Altmühlsees wurde diese Methode dann unmöglich gemacht. Da die Seebauer unbedingt das Wasser des Nesselbaches einleiten wollten, um die Qualität des Altmühlsees zu verbessern, musste der Nesselbach über die Altmühl bzw. die Altmühl unter ihm hindurch geführt werden. Der entstehende Düker mit dem Damm stellte dann für die Schubkähne eine unüberwindliche Barriere dar. Die Kähne wurden, wie schon früher, noch als „Lustfahrzeuge“ genutzt. Dazu legte man einfach Bretter über die Bordwände, so dass sich mehrere Passagiere in den schaukelnden Kahn setzen konnten. Bequem war es freilich nicht. Letzte Reminiszenzen an die Fischerei sind die Fischkästen, die bis heute noch im Fluss liegen und von Anglern und Gastwirten genutzt werden.

Quellen:

Gunzenhäuser Heimat-Bote: Nr. 22 (1927) O. Maurer: Ein Fischwasservertrag aus dem Jahre 1432 Gunzenhäuser Heimat-Bote: Nr. 28 (1931) J. Miehling: Wasser- u. Fischordnungen für die Altmühl vom Jahre 1735 Gunzenhäuser Heimat-Bote: Nr. 20 (1936) D. Clauß: Aus der Geschichte der Altmühlfischerei Gunzenhäuser Heimat-Bote: Nr. 33-36 (1937) Dr. Koch: Zur Geschichte der Altmühlfischerei von Gunzenhausen und Umgebung Gunzenhäuser Heimat-Bote: Nr. 50 (1954) Dr. Koch: Vom Altmühl-Krebs Alt-Gunzenhausen Heft 24 (1952): Hans Bach: Die Wassergrafschaft Gunzenhausen Erneuerte allgemeine Altmühl-Wasser- und Fisch-Ordnung Anno 1735 , StArchiv Nbg. Ansbacher Oberamtsakten Nr. 36 Dorfordnung der Lentersheimer für Altenmuhr von 1605,StArchiv Nbg. Fst. Ansbach, Alten- und Neuenmuhr Nr. 266 Altmühl- und Vischordnung Beeder Herrschafften Eystett und Brandenburg, StArchiv Nbg. Ansbacher Oberamtsakten Nr. 3631 Heimatbuch Treuchtlingen, Gunzenhausen 1984, S. 251-255 Mitschnitt eines Interviews zwischen Hans Popp und Georg Jung (ca. 1960).

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